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AutorenbildSelene Mariani

ARRANGIARSI


Von meinem Word-Programm wirst du sofort mit einer roten Kringellinie unterstrichen. „Kringellinie“ allerdings auch. Nur, dass ich bei „Kringellinie“ weiß, was das heißt, und bei dir nicht so genau. Ich habe einen anderen Halbitaliener, einen echteren als mich, also mit einem gleichwertigen, größeren, italienischen Anteil, gefragt, welche italienischen Worte schwer ins Deutsche übersetzbar sind. Allein, dass ich das fragen musste, beschämt mich. Aber mir fehlt, was das Italienische angeht, die Sensibilität. Der echte Halbitaliener sagte: „Arrangiarsi.“ Und ich nickte, obwohl ich dachte: „Ist doch klar – sich mit etwas arrangieren.“ Und er sagte: „Das heißt eben nicht, dass man sich mit etwas arrangiert, zumindest nicht so, wie das im Deutschen gemeint ist.“ Und ich nickte weiter und hoffte auf eine Erklärung. „Im Deutschen“, sagte er, „ist das sich-Arrangieren negativ konnotiert: Es gibt einen Mangel, aber ich kann mich daran anpassen und trotzdem zurechtkommen. Arrangiarsi hat aber gar keine negative Konnotation. Es ist eher ein Zufriedensein mit etwas. Mit wenig, wobei das im Deutschen schon wieder negativ klingt. Na ja, du weißt ja, was ich meine“, sagte er und sah mich an. Ich nickte erneut und, ich muss zugeben, hatte einen ziemlichen Hass auf dich, obwohl du ja nichts dafür kannst. Ich ging gleich an meinen PC und googelte dich: „arrangiarsi deutsch“.

Die erste vorgeschlagene Übersetzung: „machen“. Machen? Das sagt der Google-Übersetzer. Na ja, weiß ja jeder, dass man dem nicht unbedingt vertrauen kann. Ich suche in Online-Wörterbüchern weiter und finde: „arrangieren“, „zurechtmachen“, „es jemandem geben/ zeigen“: „Ti arrangio io!“ Ich zucke zusammen, weil das so ein Satz ist, der klingt, als müsste ich ihn schon einmal gehört haben, als müsste ich seine Bedeutung kennen. Gleich sehe ich die Situation vor mir: Ich sitze im Restaurant und bestelle etwas und die Servicekraft sagt: „Ti arrangio io!“. Ich würde unbestimmt nicken statt aufzustehen und zu sagen ... Hm, was würde man denn darauf erwidern? „Enschuldigen Sie bitte, was wollen Sie mir denn damit bitteschön sagen?“ Was heißt „Entschuldigen Sie bitte“ in diesem Kontext auf Italienisch? Ich starre kurz ins Leere, dann googele ich schnell weiter und finde weitere Übersetzungsbehauptungen: „zurechtkommen“, „durchkommen“, „sich behelfen“, „sich einigen“. Je mehr ich lese, desto wütender werde ich. Ihr habt mir nie geholfen, ihr Wörterbücher, denke ich, suche trotzdem weiter, nun im Kontext eines Satzes. Zum Beispiel finde ich: „Morgan ora deve arrangiarsi senza di te.“ – Übersetzung hier: „Morgan muss jetzt ohne dich klarkommen.“ Was bitte ist daran nicht negativ? Ich schaue mir nur den italienischen Satz an, versuche, ihn ohne den Übersetzungsversuch, ohne Deutsch im Kopf, zu lesen. „Deve“ heißt „muss“. Müssen ist ja wohl schon negativ konnotiert, oder nicht? Ich würde den Satz genauso verstehen wie auf der Website vorgeschlagen. Wem soll ich nun glauben, dieser Website/ mir, oder dem echten Halbitaliener? Und wieder dieser Hass auf dich, arrangiarsi, dass du so ungreifbar bist wie der italienische Anteil in mir insgesamt und ich mich dadurch gerade nicht so fühlen kann, wie wenn ich neunmalklug zu einer Freundin sage: „Die Einzahl heißt panino.“ Oder „In Italien würde man niemals pesto auf einen caprese tun.“ Aber vielleicht willst du mir ja auch nur sagen, dass ich mich mit dieser Unsicherheit arrangieren muss/ kann? Und dass das gar keine negative Konnotation haben muss? Zumindest nicht auf Italienisch.

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