Da liegt sie, vor meinen Füßen. Meine To-Do-Liste.
Vor mir, hinter mir Menschen, denen Jutebeutel um die Beine baumeln, die sich
gleich mit frischen Brötchen füllen werden. Zu Hause auf den Tisch gestellt,
ausgepackt, die Brötchen warm an den Händen, werden in einen stoffgepolsterten
Brotkorb gelegt. Es riecht nach Kakao, aus dem Radio tönt leise Musik, auf dem Tisch
liegt das Kreuzworträtsel vom letzten Wochenende, der ganze Tag Zeit, um
weiterzugrübeln und immer wieder zwischendrin vom Brötchen abzubeißen, aus dem
beschlagenen Fenster zu sehen, wie es draußen langsam dunkler wird.
Und ich?
Ich schaue auf die Liste und denke: dieses Blatt Papier, dieses weiße Viereck mit den
schwarzen Kringeln darauf entscheidet, was ich heute tue, gibt den Takt an. Einen
schnellen. Techno vielleicht, oder was ist die schnellste Musik, die es gibt – ein Takt,
bei dem die einzelnen Schläge so schnell hintereinander kommen, dass sie wie einer
klingen.
Ich schaue auf die Liste, zwei Punkte durchgestrichen, neun noch nicht, und wegen
diesen neun habe ich ein seltsames Klopfen im Bauch und in der Brust und meine
Mutter seit Wochen nicht mehr angerufen und war so lange nicht mehr spazieren,
dass ich nicht gemerkt habe, wie es Herbst geworden ist.
Ich schaue auf die Liste, ein paar Sekunden noch, dann muss ich weiter in der
Schlange, und plötzlich rieche ich die frischen Brötchen.
„Einen Hefezopf bitte“, sage ich. Die durfte ich mir als Kind immer sonntags beim
Bäcker kaufen. Mir fällt ein: zu Hause habe ich noch Milch und Kakaopulver. Und die
Zeitung von vor drei Wochen, in die ich noch nicht reingeschaut habe.
Ich nehme die warme Tüte entgegen, freue mich auf den Weg nach Hause, ich werde
den langen gehen, zwischen dem Gelb-Rot-Braun der Bäume in der Allee, an der ich
sonst mit dem Bus vorbeifahre.
Beim Hinausgehen schaue ich nach meiner Liste, irgendjemand scheint
daraufzustehen, ich kann sie nicht mehr sehen.
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